Unsere Kinder werden täglich mit Informationen überschüttet: Aus Schule, Fernsehen und Internet. Sie schmieden Pläne für morgen und sind gleichzeitig noch dabei, das Gestern zu verarbeiten. Heutzutage ist das Gehirn schon in jungen Jahren ständig mit etwas anderem beschäftigt. Da vergisst man schnell einmal das Hier und Jetzt. Dabei ist das bewusste Sein im Moment der Schlüssel, um gelassener und zufriedener zu leben. Erfahren Sie, warum Achtsamkeit wichtig ist und wie kleine Übungen helfen, Ihren Kindern diese beizubringen.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist Achtsamkeit?
- Wie funktioniert Achtsamkeit bei Kindern?
- Warum ist Achtsamkeit so gesund?
- Warum ist Achtsamkeit bei Kindern wichtig?
- Achtsamkeitsübungen mit Kindern
- Achtsamkeit bei Kindern im Alltag
Was ist Achtsamkeit?
Achtsamkeit – auch bekannt unter dem englischen Begriff „Mindfulness“ – ist eine Praxis, die ihren Ursprung in buddhistischen Traditionen hat, inzwischen aber ohne religiösen Kontext auf der ganzen Welt geübt wird. Insbesondere in der Psychologie und dem Gesundheitswesen erfreut sich die Achtsamkeit immer größerer Beliebtheit. Sie bezeichnet das bewusste Sein im gegenwärtigen Moment, das aufmerksame Wahrnehmen der Umwelt und des eigenen Körpers sowie der eigenen Gefühle darin. Entscheidend dabei ist es, stets wertungsfrei zu bleiben. Es geht darum, Eindrücke wahrzunehmen, zu beobachten und als das hinzunehmen, was sie sind.
Wie funktioniert Achtsamkeit bei Kindern?
Wenn Sie wissen, wie man sich wach und aufmerksam im Hier und Jetzt bewegt, ist es ein Leichtes, Ihrem Kind Achtsamkeit beizubringen. Denn sie funktioniert bei Kindern und Erwachsenen exakt gleich.
Grundgedanke der Achtsamkeits-Praxis ist es, regelmäßig Inne zu halten und sich im gegenwärtigen Moment zu verankern. Wie das geht? Benutzen Sie Ihre Sinne! Wir haben gleich fünf davon und alle verschaffen sie uns wunderbare Erfahrungen. Wir müssen uns nur bewusst dafür entscheiden. Denn meist nehmen wir unsere Umgebung wahr, ohne ihr viel Beachtung zu schenken. Ein Beispiel: Wenn Sie das nächste Mal außer Haus gehen, halten Sie kurz an. Falls die Sonne scheint, recken Sie Ihre Nase den Strahlen entgegen und konzentrieren Sie sich einmal auf ihre Wärme. Falls es regnet, beobachten Sie die Tropfen, lassen sie auf Ihre Hand fallen, oder nehmen Sie den Geruch von nassem Asphalt wahr.
„Glück entsteht oft durch Aufmerksamkeit in kleinen Dingen,
Unglück oft durch Vernachlässigung kleiner Dinge.“ – Wilhelm Busch
Warum ist Achtsamkeit so gesund?
Kurz gesagt: Achtsamkeit ist gesund, weil sie unserem Gehirn eine kleine Auszeit gibt. Sie erinnert uns daran, dass das Leben mehr ist als eine lange To-do-Liste. Und daran, dass wir nicht immer nur von einem Ziel zum nächsten eifern müssen, sondern auch etwas Wertvolles dazwischen liegt. Das kann bestehenden Stress mindern, die Psyche langfristig stärken und sie resilienter gegenüber Herausforderungen im Alltag machen. Langfristig betrachtet sorgt das für mehr Gelassenheit, Lebensfreude und wirkt sich sogar positiv auf die Gesundheit aus.
Hier alle Vorteile von Achtsamkeit im Überblick:
- Stressreduktion
- Verbesserung der mentalen Gesundheit
- Erhöhung der Aufmerksamkeit und Konzentration
- Stabilisierung des emotionalen Gleichgewichts
- Resilienz gegenüber Alltagsproblemen
- Verbesserung der Schlafqualität
- Senkung des Blutdrucks
- Stärkung des Immunsystems
- Steigerung der allgemeinen Zufriedenheit
Warum ist Achtsamkeit bei Kindern wichtig?
Kinder lernen ihren Körper und ihre Gefühle ebenso wie ihre Umwelt erst richtig kennen. Achtsamkeit hilft ihnen dabei, sich voll und ganz auf ihre Wahrnehmungen zu konzentrieren, Sinneseindrücke näher zu betrachten und selbstständig einzuordnen. Sie schult die sensorischen Fähigkeiten, motiviert die Kleinen aber auch dazu, stets offen, neugierig und präsent zu sein. Achtsamkeit bei Kindern unterstützt zudem die Konzentration, die Selbstregulation und baut Resilienz gegenüber Stress auf. Sie stärkt das Empathievermögen, die soziale Verbundenheit und das kreative Denken, was rundum zu mehr Wohlbefinden beiträgt. Ähnlich wie sie ihre Umwelt beobachten, lernen Kinder durch Achtsamkeit auch ihre Emotionen zu erkennen und zu regulieren, was ihnen zu einem besseren Selbstverständnis verhilft.

Achtsamkeitsübungen mit Kindern
Achtsamkeitsübungen sind ein toller Weg für Kinder, sich bewusst mit ihrer Umwelt auseinanderzusetzen. Dank ihres spielerischen Charakters machen sie Spaß und motivieren Kinder gleichzeitig zu mehr Präsenz im Moment. Führen Sie diese Übungen regelmäßig durch und wandeln Sie sie am besten jedes Mal ein wenig ab, damit sie nicht zur Routine werden.
5, 4, 3, 2, 1 Methode – bewusst die Umwelt wahrnehmen
Bei dieser Übung handelt es sich tatsächlich um eine Stabilisierungsmethode, die häufig in der Traumatherapie angewandt wird, zum Beispiel, um Dissoziationen zu verhindern oder negative Gedanken zu unterbrechen. Es geht darum, sich bewusst im Hier und Jetzt zu verankern und dadurch zu erden. Das Tolle an dieser Übung ist, dass sie wirklich überall praktiziert werden kann – und auch überall praktiziert werden sollte. Denn überall gibt es andere Eindrücke zu erleben. Nacheinander werden alle Sinne aktiviert, so ist es Ziel:
- 5 Dinge zu entdecken, die man sehen kann
- 4 Geräusche, die man hören kann
- 3 Materialien, die man spüren kann
- 2 Gerüche, die man riechen kann
- 1 Geschmack, den man schmecken kann
Je nach Umgebung lässt sich auch die Anzahl der Gegenstände variieren. Befindet sich beispielsweise etwas Trink- oder Essbares in Reichweite, können mehrere Geschmäcker und weniger Geräusche wahrgenommen werden. Lassen Sie Ihr Kind bestenfalls laut erklären, was es wahrnimmt und fragen Sie nach einer Beschreibung.
Bauchatmung: Sei wie ein Luftballon – den eigenen Körper wahrnehmen
Zur Achtsamkeit gehört es auch, das Augenmerk auf den eigenen Körper zu richten. Besonders Atemübungen können dabei helfen, zu uns selbst zu finden und uns aufmerksam zu beobachten. Die Bauchatmung ist ein tolles Mittel, da sie leicht verständlich ist und überall durchgeführt werden kann. Am besten eignen sich dafür jedoch ruhige Momente, in denen Sie mit Ihrem Kind zusammensitzen – zum Beispiel bei einer gemeinsamen Pause oder einer Kuschel-Session auf dem Sofa.
Die Übung funktioniert wie folgt:
- Legen Sie die Hände auf Ihren Bauch und bitten Sie Ihr Kind, es Ihnen gleichzutun. Dann soll es sich vorstellen, der eigene Bauch wäre ein Luftballon, der mit jedem Atemzug größer oder kleiner wird.
- Einatmen: Zählen Sie langsam bis vier und ‚blasen‘ Sie Ihren Bauch dabei auf.
- Ausatmen: Lassen Sie die Luft wieder aus Ihren Lungen hinausströmen. Zählen Sie dabei ebenfalls bis vier und senken Sie Ihren Bauch dabei.
- Wiederholen Sie beide Schritte ein paarmal. Das schafft nicht nur Bewusstsein für die eigene Atmung, sondern hat auch einen beruhigenden Nebeneffekt. Entspannung garantiert!
Tipp: Manchmal hilft es, die Kinderhände für die ersten paar Durchgänge ebenfalls auf Ihren Bauch zu legen. So spürt ihr Kind, was passiert und kann die Bewegungen bei sich selbst nachahmen.
Gefühlsmonster – die eigenen Gefühle beobachten
Wie fühlst du dich? Diese Frage ist manchmal gar nicht so leicht zu beantworten, erst recht nicht mit Worten. Für Kinder kann es daher hilfreich sein, ihre Gefühle auf einem anderen Weg auszudrücken. Zum Beispiel, indem sie ihren Emotionen eine Gestalt geben. Alles, was es dafür braucht sind Papier und Buntstifte, Filzstifte oder Wachsmalkreiden. Dann kann auch schon ein Gefühlsmonster gekritzelt werden. Gefühlsmonster sind ausgedachte Wesen, die das versinnbildlichen, was in Kindern vor sich geht. Daher können sie vollkommen unterschiedlich aussehen und von Mal zu Mal die Form verändern.
Tatsächlich geht es aber weniger um das künstlerische Endergebnis als vielmehr um den Prozess dahinter. Denn das Malen von Gefühlsmonstern fördert nicht nur die Kreativität, sondern unterstützt auch die Achtsamkeit bei Kindern. Es gibt ihnen Zeit, sich mit ihren Emotionen zu beschäftigen, sie zu beobachten und zu ergründen, woher sie stammen. Ist das Monster erst einmal auf dem Papier, sollte es also mit ein paar Eigenschaften versehen werden und einem Grund, das es hervorlockt.
Tipp: Es sind keine Monsterfreunde im Haus? Kein Problem. Statt Fantasiewesen können auch Tiere gemalt werden, Blumen oder – für die ganz kreativen Kinder – abstrakte Muster.
„Es gibt zwei Arten sein Leben zu leben: entweder so, als wäre nichts ein Wunder, oder so, als wäre alles ein Wunder. Ich glaube an Letzteres.“ – Albert Einstein
Achtsamkeit bei Kindern im Alltag
Neben den genannten Übungen können Eltern und Pädagog:innen Kindern auch Achtsamkeit näherbringen, indem sie die Kleinen im Alltag daran erinnern, sich auf ihre Wahrnehmung zu konzentrieren. Das funktioniert sowohl im Kindergarten als auch zuhause.
- Blindverkostung: Wie schmeckt die Suppe? Wie knuspert das Brot beim Kauen oder wie kracht der Apfel beim Reinbeißen? Lebensmittel haben viele verschiedene Texturen und Geschmäcker. Da lohnt es sich, einmal genauer aufzupassen, welche Sinneserfahrungen eine Mahlzeit bietet. Intensivieren kann man das Erlebnis, indem man beim Essen die Augen schließt oder einen Bissen mal länger im Mund behält als üblich.
- Magische Fingerspitzen: „Fass mal an. Das kitzelt, oder?“ ist nur einer von vielen Sätzen, mit denen Sie Ihr Kind auf eine haptisch spannende tolle Oberfläche aufmerksam machen können. Raue Baumrinde, genoppte Wasserflaschen oder das Fell des eigenen Haustiers – sensorisch gibt es viel zu entdecken. Man muss nur die Augen offen und die Fingerspitzen bereithalten.
- Kleine Meditationsübungen: Ob Fantasiereise, Atemübung oder einfach nur gemeinsame Zeit, in dem Sie und Ihr Kind den Tag Revue passieren lassen – es gibt zahlreiche Arten der Meditation. Bei allen geht es darum, Inne zu halten, in sich hineinzuhorchen und zu reflektieren. Tipps, wie Sie mit Kindern meditieren können, finden Sie in unserem Blogbeitrag „Meditation für Kinder – Mehr Gelassenheit im Alltag“. Klicken Sie gerne mal rein.
Zum Weiterlesen
Bei Achtsamkeit geht es stets um die Wahrnehmung und wo gibt es schönere Sinneseindrücke zu entdecken als draußen in der Natur? Die kindliche Entwicklung ist regelrecht auf diese Erfahrungen angewiesen. Warum, das erläutern wir Ihnen in unserem Blogbeitrag „Naturerfahrungen: Warum Kinder mehr in der Natur spielen sollten“. Viel Spaß beim Lesen.