Inklusiver Schulhof – Barrierefreier Spiel- und Aufenthaltsraum für Schulkinder

24. Oktober 2024

Der Pausenhof ist Dreh- und Angelpunkt des Schulalltags – ein Raum voller Möglichkeiten, zum Entdecken, Bewegen, Spielen und Sozialisieren. Doch nicht alle Kinder haben die gleichen Anforderungen an ihre Umgebung. Insbesondere wenn eine körperliche Einschränkung vorliegt, sind spezielle Raumeigenschaften gefragt, um die Bedürfnisse der Kleinen zu erfüllen und ihnen das zu ermöglichen, was andere Kinder von Natur aus können. Nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention 2009 in Deutschland, ist es die offizielle Aufgabe aller deutschen Bundesländer, Artikel 24 UN-Behindertenrechtskonvention (BRK) systematisch an Schulen umzusetzen. Was Inklusion für den Schulhof bedeutet und wie Schulbetreiber die Umgestaltung angehen können, erfahren Sie in diesem Blogbeitrag.

Allgemeine Tipps, wie Sie einen Pausenhof gestalten, der Schüler:innen zu körperlicher Aktivität motiviert, finden Sie in unserem Blogbeitrag „Kreative Schulhofgestaltung – Schüler brauchen Bewegung!“.
Und weil Spielgeräte auf dem Schulgelände nicht fehlen dürfen, haben wir die wichtigsten Kriterien, welche Spielgeräte auf dem Schulhof erfüllen sollten, im Beitrag „Die richtigen Spielgeräte für den Schulhof – für sicheres Spiel“ für Sie zusammengefasst. Klicken Sie gerne rein.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Inklusion?

Inklusion ist ein Konzept, das darauf abzielt, alle Menschen unabhängig von individuellen Unterschieden gleichberechtigt in die Gesellschaft einzubeziehen. Es geht darum, Barrieren abzubauen, die die volle Teilhabe am sozialen, beruflichen und schulischen Leben verhindern. Die Inklusion umfasst folgende Prinzipien:

  • Gleichberechtigung
  • Partizipation
  • Anerkennung der Vielfalt
  • Barrierefreiheit
  • Empowerment

Ziel ist es, die Vielfalt als Bereicherung für alle zu sehen und sowohl Erwachsenen als auch Kindern die Möglichkeit zu geben, aktiv und selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Eine Grafik zeigt den Übergang von Separation, Exklusion, Integration zu Inklusion, passend für inklusiver Schulhof.

Exklusion, Integration und Inklusion – mehr über die einzelnen Begriffe und inwiefern sie sich unterscheiden, erfahren Sie in unserem Blogbeitrag „Unterschied zwischen Integration und Inklusion im pädagogischen Kontext“.

Warum ist ein inklusiver Schulhof wichtig?

Inklusion als rechtliche Anforderungen an deutsche Schulen

In „Die Umsetzung schulischer Inklusion nach der UN-Behindertenrechtskonvention in den deutschen Bundesländern“ von Sebastian Steinmetz, Michael Wrase, Marcel Helbig und Ina Döttinger heißt es:
„Die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN BRK) zum 26. März 2009 hat für die Bundesrepublik weitreichende völkerrechtliche Folgen. Art. 24 UN BRK verpflichtet die Vertragsstaaten zur Gewährleistung eines „inklusiven“ Bildungssystems „auf allen Ebenen“. Menschen mit Behinderungen dürfen danach nicht vom allgemeinen Schulsystem ausgeschlossen und in Sondersysteme gedrängt werden. Sie haben ein Recht darauf, an Regelschulen unterrichtet zu werden und müssen dort die Unterstützung und Förderung erhalten, die sie benötigen.“  

Viele Schulen in Deutschland können diesem Anspruch aktuell nicht nachkommen. Um ein angemessenes barrierefreies und inklusives Lernumfeld zu schaffen, sind „weitreichende strukturelle, sächliche und bauliche Anpassungen im allgemeinen Schulsystem“ (Steinmetz, Wrase, et al.) gefragt.

Zwei Mädchen unterschiedlicher Herkunft umarmen sich lächelnd auf einem inklusiven Schulhof.

Inklusion als Förderung sozialer Kompetenzen

Auf dem Pausenhof werden zahlreiche soziale Kompetenzen entwickelt und gestärkt. Dafür müssen Kinder jedoch in der Lage sein, aktiv an ihrem Umfeld teilzuhaben und sich mit anderen Kindern ungehindert in ihrer Umgebung zu bewegen. Ein inklusiver Schulhof bietet allen Kindern, unabhängig von ihren individuellen körperlichen Fähigkeiten oder Einschränkungen, die Möglichkeit, aktiv am Sozialleben teilzunehmen. Er berücksichtigt sämtliche Raumbedürfnisse und gewährleistet dahingehend Barrierefreiheit. Nur so bleibt kein Kind auf der Strecke und jeder Schüler und jede Schülerin kann sich umfangreich im schulischen Rahmen weiterentwickeln.

„Wir wissen heute, dass beim gemeinsamen Spiel alle Entwicklungsbereiche des Kindes angesprochen werden. Das ist sowohl wichtig für Kinder, die in einzelnen Bereichen besonderen Förderbedarf  haben, als auch für Kinder ohne Förderbedarf. Indem sie von ihren unterschiedlichen Fähigkeiten und Interessen profitieren, wird das zentrale inklusive Prinzip des Voneinanderlernens wirksam.“

Prof. Dr. Ulrich Heimlich
Lehrstuhl für Lernbehindertenpädagogik Ludwig-Maximilian-Universität München

Wie lässt sich ein inklusiver Schulhof realisieren?

Inklusion ist eine grundlegende Haltung, die insbesondere im schulischen Kontext selbstverständlich sein sollte. Entscheidend sind Empathie, Respekt und Offenheit – kurz: Es sollte an alle gedacht werden. Dieses Prinzip lässt sich auf die Gestaltung eines inklusiven Schulhofs übertragen. Diese erfordert sowohl Bewusstsein für die verschiedenen Formen der Beeinträchtigung als auch Aufmerksamkeit für die daraus resultierenden besonderen Bedürfnisse. Denn gerade an einem Lernort wie der Schule können Kinder mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen zusammenkommen.

Formen der Beeinträchtigung

Beeinträchtigungen können in Form eingeschränkter Bewegungsfähigkeit auftreten, allerdings auch in Form von Einschränkungen des Sehvermögens, des Hörvermögens oder einer kognitiven Beeinträchtigung. Alle körperlichen Beeinträchtigungen sollten gleich gewichtet und berücksichtigt werden. In der praktischen Umsetzung bedeutet dies vor allem Sorgfalt – sowohl in der umfangreichen Analyse des Barrierepotenzials des bestehenden Pausenhofs als auch in der Planung möglicher Änderungen sowie der zukunftsfähigen Umsetzung der Maßnahmen.

Symbole und Beschriftungen für Kinder mit Hör-, Seh-, körperlichen und kognitiven Beeinträchtigungen, passend für inklusiver Schulhof.

Jede Art der Beeinträchtigung erfordert andere materiell-räumliche Eigenschaften:

  • Menschen mit eingeschränkter Bewegungsfähigkeit benötigen beispielsweise ebene Wege, Rampen statt Treppen und breite Durchgänge.
  • Personen mit Sehbeeinträchtigungen profitieren von sichtbaren Wegmarkierungen, taktilen Bodenleitsystemen und gut beleuchteten Bereichen.
  • Für Menschen mit Hörbeeinträchtigungen sind visuelle Signale, wie klare Wegführungen leicht verständliche Beschilderungen, wichtig.
  • Kognitiv beeinträchtigte Personen benötigen eine übersichtliche und strukturierte Umgebung, einfache Orientierungshilfen und Ruhebereiche zur Erholung.

Alle diese Anforderungen tragen dazu bei, dass die Umgebung barrierefrei und für jeden zugänglich ist. Sorgfältige Planung und regelmäßige Überprüfung der Barrierefreiheit sind entscheidend, um ein inklusives Umfeld zu gewährleisten.

DIN 18040 als Grundlage für eine inklusive Schulgestaltung

Die DIN 18040 gilt als Grundnorm für barrierefreies Bauen in Deutschland. Dabei kann die DIN 18040-1 für öffentlich zugängliche Gebäude als Grundlage für Schulbauförderrichtlinien betrachtet werden. Sie umfasst Vorgaben zu Wegen, Eingängen, Türen, Treppen, Aufzügen und sanitären Anlagen, um Barrieren abzubauen und eine gleichberechtigte Teilhabe zu ermöglichen. Alle wichtigen Informationen rund um diese Norm haben wir in unserem Blogbeitrag „DIN 18040 – das bedeutet die Norm für barrierefreies Bauen von Spielplätzen und öffentlichen Spielräumen“ für Sie zusammengefasst. Lesen Sie gerne rein.

Barrierepotenzial ermitteln – der erste Schritt zum inklusiven Pausenhof

Nicht jede Pausenhofgestaltung bedeutet automatisch auch eine Neugestaltung von Grund auf. Es kann auch mit diversen Anpassungen des Geländes für mehr Inklusion auf dem Schulhof gesorgt werden. Dafür braucht es jedoch zuerst eine Einschätzung des aktuellen Barrierepotenzials. Die zwei Erziehungswissenschaftler Frederik Bükers und Tim Heemsoth haben dafür in ihrer Arbeit „Barrierefreiheit von Schulhöfen durch Analysebeispiele identifizieren lernen“ das sogenannte „Spielplatz und Pausenhof Analyseschema“ (SUPA) entwickelt. Dieses Schema wird hier als Beispiel genutzt, um aufzuzeigen, wie das Barrierepotenzial auf dem Schulhof ermittelt werden kann.

Das „Spielplatz und Pausenhof Analyseschema“ (SUPA) von Bükers und Heemsoth (2022)

Das Schema der beiden Erziehungswissenschaftler teilt Schulhöfe und Spielplätze in zwei Dimensionen: Raum und Qualität. Mit Hilfe dieser Faktoren können Spiel- und Aufenthaltsbereiche auf ihr Barrierepotenzial hin beurteilt werden. Dabei gilt: Je geringer das Barrierepotenzial desto inklusiver der Schulhof. Dafür werden die einzelnen Bereiche beleuchtet und auf ihre materiell-räumlichen Eigenschaften geprüft. So kann beispielsweise das Barrierepotenzial der Verkehrswege auf dem Schulhof geprüft werden, damit sie horizontal erreichbar und gut sichtbar markiert bzw. beschildert sind.

Eine Tabelle, die das SUPA-Analyseschema von Bükers und Heemsoth zur Bewertung von Inklusionsfaktoren auf einem Schulhof zeigt.

Barrierefreie Spielgeräte

Natürlich sollten neben Wegen und Aufenthaltsbereichen auch die Spielzonen inklusiv gestaltet sein. Barrierefreie Spielgeräte ermöglichen Kindern mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Spiel und stärken dadurch ihr Selbstbewusstsein und ihr Sozialverhalten. Zudem sind sie so gestaltet, dass sie gleichermaßen von Kindern mit und ohne Behinderung genutzt werden können, um gemeinsames Spielen zu fördern. Qualitativ hochwertige und vielseitige Spielgeräte sind entscheidend, um Spaß am Spiel zu gewährleisten und die soziale Interaktion zwischen Kindern zu fördern.

Weitere Informationen zum Thema barrierefreie Spielgeräte sowie Beispiele aus dem eibe-Sortiment finden Sie in unserem Blogbeitrag „Barrierefreie Spielgeräte: Inklusion auf dem Spielplatz“. Klicken Sie gerne rein.

Arbeits- und Planungsgruppe mit Betroffenen zusammenstellen

Für die Schulhofplanung ist es stets ratsam, nicht nur Fachleute heranzuziehen, sondern auch Lehrer:innen und Kinder. Schließlich verbringen sie die meiste Zeit auf dem Schulgelände. Gerade wenn es um die Gestaltung eines inklusiven Schulhofes geht, sind die Betroffenen – also Kinder mit körperlichen Einschränkungen – die wertvollste Informationsquelle. Denn vielleicht sind sie selbst schon auf Barrieren auf dem Schulgelände gestoßen. Sie können aus erster Hand berichten, wo Veränderungen notwendig sind oder wo sie sich Verbesserungen wünschen.

Zum Weiterlesen

Durch Spiel lernen – das gilt auch für Kinder, die körperliche Einschränkungen aufweisen. In unserem Blogbeitrag „Inklusive Spiele: Spielideen für Kinder mit Behinderung“ haben wir Spielideen gesammelt, die allen Kindern Spaß machen und tolle Erfahrungen bieten. Viel Freude beim Lesen und ausprobieren.

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