Gefahr Eichenprozessesionsspinner: Wie gefährlich ist die Raupe?

09. Mai 2019

Gefahr Eichenprozessionsspinner – eine haarige Angelegenheit. Man sieht sie immer öfter: Schilder an Bäumen, die vor Spinnern warnen. Genauer gesagt, vor Eichenprozessionsspinnern! Seit einigen Jahren ist die „Gefahr Eichenprozessionsspinner“ (EPS, Thaumetopoea processionea) auf dem Vormarsch in ganz Europa. Auch in Deutschland ist die Raupe mit den Brennhaaren immer öfter zu finden, vor allem in den wärmeren Gegenden Deutschlands. Brandenburg, Berlin, NRW, Baden-Württemberg und Franken haben mit dem EPS zu kämpfen, seit die Spätfröste stetig abnehmen. Aber was hat es mit dem Eichenprozessionsspinner auf sich und wie gefährlich sind seine Brennhaare wirklich?

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Eichenprozessionsspinner?

Der Eichenprozessionsspinner ist ein recht unscheinbarer Nachtfalter aus der Familie der Zahnspinner. Die Männchen erreichen eine Flügelspannweite von ca. 2,5 – 3,2 cm. Die Weibchen sind etwas größer, mit einer Spannweite von bis zu 3,6 cm. Die Falter legen bevorzugt an Eichen, manchmal auch an anderen Bäumen, wie zum Beispiel Hainbuchen, ihre Eier ab. Diese Gelege bestehen aus circa 1 mm großen, weißen Eiern, die gerne im Kronenbereich und an dünneren Ästen alter Eichen abgelegt werden – in Form von länglichen Platten, die zusätzlich getarnt werden. Sieht man an einer Eiche ein weißes, Gespinst-ähnliches Nest, handelt es sich um Prozessionsspinner. Im Mai schlüpfen ihre Jungraupen, die seit dem Herbst in den Eiern überwintert haben.

Die Raupe des Eichenprozessionsspinners – die eigentliche Gefahr

Der Name des Falters stammt von der Tatsache, dass die für den Baum schädlichen Raupen sich bei der Nahrungssuche in langen Reihen hintereinander bewegen, wie in einer Prozession. Die Raupen durchlaufen bis zu sechs Entwicklungsstufen. Ab der dritten Stufe besitzen die Larven Brennhaare mit Widerhaken, die ein starkes Nesselgift enthalten. Dieses Gift kann sowohl Juckreiz als auch Schwellungen, Asthma und Dermatosen auslösen. Eine durch Eichenprozessionsspinner ausgelöste Dermatose wird als Raupendermatitis bezeichnet, die auch von Pinien- und Kiefernprozessionsspinnern sowie der Goldafterraupe, Bärenspinnern und Fleckenfaltern verursacht werden kann.

Baumbefall Eichenprozessionsspinner – wer einen befallenen Baum entdeckt, sollte folgendes tun:

  • befallenen Bereich großräumig umgehen und meiden
  • Raupen und Nester auf keinen Fall berühren – unbedingt Abstand halten
  • empfindliche Körperstellen zusätzlich schützen
  • Haustiere (zum Beispiel Hunde oder Pferde) fernhalten
  • befallene Bäume bei örtlichen Stellen melden

Was genau passiert beim Kontakt mit Eichenprozessionsspinnern?

Die Dermatitis entsteht durch den direkten Kontakt mit den Brennhärchen. Die Raupen verlieren diese Härchen, die eigentlich als Fressschutz dienen. Die Härchen des Eichenprozessionsspinners schweben dann in der Luft, setzen sich an Bäumen und im Unterholz fest. Sie können auch im Fell von Haustieren ins Haus geschleppt werden. Aufgrund der Widerhaken, die die Härchen besitzen, bleiben sie an der Haut haften und setzen dort ihr Gift frei, was zu heftigen Reaktionen führt.

Anmerkung: Als Mensch sollte man auf Spaziergängen durch den Wald vorsichtig sein – doch für Tiere stellen die giftigen Haare dieselbe Gefahr dar. Passen sie also unbedingt auch auf ihre Vierbeiner auf! Diese können die Brennhaare der Spinner übrigens mit ihrem Fell ins Haus schleppen.

Gefahr Eichenprozessionsspinner – liegt eine Raupendermatitis vor? Die Anzeichen:

  • Hautprickeln
  • Bindehautentzündung
  • Juckreiz, teilweise extrem stark, kann mehrere Tage anhalten
  • Quaddeln, kleine rote Schwellungen
  • Schüttelfrost
  • Schwindel
  • Schwellungen im Hals- sowie Rachenbereich
  • Husten
  • Atemnot
  • asthmatische Reaktionen
  • in seltenen Fällen allergischer Schock

ACHTUNG: Wer an den betroffenen Stellen des Körpers kratzt oder wischt, kann die Raupenhaare auch verteilen – dann kann im schlimmsten Fall auch an anderen Körperstellen eine Raupendermatitis ausgelöst werden. Man spricht dann von einer Airborne contact dermatitis, bzw. einem aerogenen kontaktallergischen Ekzem.

Kontakt mit Eichenprozessionsspinnern – was jetzt?

Die gemeinnützige Europäische Stiftung für Allergieforschung (ECARF) empfiehlt folgende Erste-Hilfe-Maßnahmen nach einem Kontakt mit der Eichenprozessionsspinnern. Selbst wenn noch keine Symptome auftreten und nur vermutet wird, dass ein Kontakt vorliegen könnte, sollte man möglichst viele dieser Maßnahmen ergreifen. Gesundheitliche Gefahr für den Menschen entsteht dabei durch Hautkontakt, Einatmen oder Kontakt mit der Netzhaut.

Gefahr Eichenprozessionsspinner – Erste Hilfe:

  • Kleidung umgehend im Freien wechseln, nicht mit in Wohnräume nehmen
  • Schuhe nass reinigen
  • sichtbare Raupenhaare mit einem Klebestreifen entfernen
  • Kleidung bei mindestens 60 Grad waschen
  • gründliches Duschbad mit Haarreinigung
  • Augenspülung mit Wasser
  • betroffene Gegenstände (z. B. Auto) waschen, saugen, feucht reinigen
  • Hunde baden

Gefahr Eichenprozessionsspinner:
Hautreaktionen nach Kontakt mit Eichenprozessionsspinnern?
Hausarzt aufsuchen!

Gefahr Eichenprozessionsspinner:
Atemnot nach Kontakt mit Eichenprozessionsspinnern?
Sofort den Rettungsdienst alarmieren!

Medizinische Maßnahmen bei Kontakt mit Eichenprozessionspinnern

Das Ärzteblatt empfiehlt folgende Maßnahmen – diese sollten aber unbedingt mit einem Arzt abgestimmt werden:

  • lokal symptomatische Behandlung mit mittelstark bis stark wirksamen topischen Kortikosteroiden (äußerlich anzuwendende Cremes, Salben, Gels o. ä., mit entzündungshemmender Wirkung) bei Hautreaktionen möglich
  • bei Konjunktivitis (Entzündung der Bindehaut) können ophthalmologische (das Auge betreffend) Mittel, die auch ein Antiseptikum enthalten, eingesetzt werden
  • orale Antihistaminika hilfreich bei starkem Juckreiz
  • Betasympathomimetika (Mittel, die zur Therapie von Asthma und chronisch-obstruktiver Lungenkrankheit eingesetzt werden) und/oder steroidhaltigen Dosieraerosolen können bei respiratorischen (die Atmung betreffend) Symptomen zum Einsatz kommen
  • systemische Kortikosteroidtherapie (Einnahme von Kortison) bei schwereren Verläufen evtl. notwendig

Was tun bei Befall mit Eichenprozessionsspinnern?

Das Umweltbundesamt spricht ebenfalls Empfehlungen bei einem Befall durch Eichenprozessionsspinner aus: Bekämpfungsmaßnahmen gegen den Eichenprozessionsspinner auf allen öffentlichen Flächen sollten zum Schutz der Gesundheit erfolgen. Sie unterliegen damit dem Biozidrecht. Nicht angemessen sind nach Meinung des Umweltamtes jedoch chemische oder biologische Bekämpfungsmaßnahmen in Gebieten, die fernab von Städten, Dörfern und Ansiedlungen liegen. Zulassungen für die Verwendung in Biozidprodukten zur Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners gibt es derzeit für zwei Produkte.

Schutz bei der Arbeit – Gefahr vermeiden

Die Presse meldet immer öfter: Schulen oder Kindergärten müssen aufgrund von Befall mit Eichenprozessionsspinnern vorübergehend geschlossen werden. Auch in Freizeitanlagen, Gärten, Schwimmbädern und Parks liegt oft eine erhöhte Gefährdung vor. Auf Privatgrundstücken ist der jeweilige Eigentümer verantwortlich, auf öffentlichen Flächen die jeweiligen Städte und Gemeinden. Die BAUA (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin) empfiehlt bei einem Befall durch die Raupen unter anderen folgende Maßnahmen:

  • Aufenthalt in befallenen Bereichen vermeiden
  • Eichen vor Forstarbeiten kontrollieren
  • Hautkontakt mit Raupen und Nestern vermeiden
  • befallene Bereiche absperren
  • Ausschilderung von Gefahren
  • auf Holzernte- und Pflegemaßnahmen verzichten, solange Raupennester erkennbar sind
  • Bekämpfung nur von Fachleuten durchführen lassen
  • in befallenen Bereichen während der Arbeit nicht essen, trinken und rauchen
  • Hände regelmäßig reinigen
  • Hautpflege gemäß Hautschutzplan
  • Persönliche Schutzausrüstung (PSA) sofort sachgerecht ablegen und reinigen
  • Kraftfahrzeuge sachgerecht reinigen
  • Atem- und Augenschutz (mind. Atemschutzmaske FFP2 mit Ausatemventil und Korbbrille)
  • körperbedeckender Schutzanzug mit Kopfbedeckung, z. B. Chemikalienschutzanzug gemäß DIN EN 14605 Typ 4B
  • geschlossenes, leicht zu reinigendes Schuhwerk
  • Raupen mit chemischen oder biologischen Bioziden vorzugsweise zwischen Schlupf und dritter Häutung bekämpfen
  • Gespinstnester beim Entfernen absaugen, um Aufwirbelung von Brennhaaren zu verringern
  • auf Holzernte- und Pflegemaßnahmen verzichten, solange Raupennester erkennbar sind
  • Bekämpfung wegen gesundheitlicher Belastung und spezieller Arbeitstechnik nur von Fachleuten durchführen lassen

Gefahr Eichenprozessionsspinner? Ein relativ neues Risiko, mit dem sich vermehrt beschäftigt wird. Ein etwas „älteres“ Thema: Giftpflanzen auf dem Spielplatz! Erfahren Sie mehr über giftige Pflanzen hier im eibe-Blog.

Bild: dennisvdw / Essentials Kollektion / istockphoto.com

2 Kommentare zu "Gefahr Eichenprozessesionsspinner: Wie gefährlich ist die Raupe?"

  • Brosius
    24. Mai 2020 / 9:58

    Befallen Eichenprozessionsspinner auch Eiben?

    • eibe
      24. Juni 2020 / 8:38

      Hallo Frau Brosius,

      Eichenprozessionsspinner befallen vor allem Eichen. Es kann jedoch durchaus vorkommen, dass sie auch andere Bäume besetzen – diese aber nur vorübergehend, wodurch es zu keiner schwerwiegenden Schädigung der Bäume kommt. Die Gefahr für den Menschen bleibt jedoch dieselbe.

      Beste Grüße
      Ihr eibe Team

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