Kinderfreundliche Stadt – Raum für sichere Bewegung und Spiel

04. April 2022

Kinder haben es in Städten nicht immer leicht. In den wenigsten Fällen ist die urbane Umgebung ausreichend auf ihre Bedürfnisse abgestimmt. Innenstädtische Räume werden zunehmend nachverdichtet, wodurch Freiflächen zum Spielen verschwinden. Dazu kommt das hohe Verkehrsaufkommen, das es Kindern schwer macht, sich draußen sicher zu bewegen. Die jüngste Generation wird allmählich aus dem öffentlichen Raum verdrängt, was ihre Entfaltung stark einschränkt. Aus diesem Grund ruft das deutsche Kinderhilfswerk Stadtplaner und Entscheider von Gemeinden und Kommunen dazu auf, Kinder in der Planung stärker zu berücksichtigen. Im Folgenden finden Sie eine Zusammenfassung darüber, was eine kinderfreundliche Stadt bieten sollte.

Inhaltsverzeichnis

Die UN-Kinderrechtskonvention – Basis für die kinderfreundliche Stadt

Die UN-Kinderrechtskonvention

Die UN-Kinderrechtskonvention ist ein weltweit geltendes Regelwerk zum Schutz von Kindern. Es betont ihre Bedürfnisse und Interessen, wie zum Beispiel das Recht auf Bildung und Freizeit sowie den Schutz vor Gewalt. Zehn Jahre lang arbeiteten Vertreter:innen der Vereinten Nationen an der schriftlichen Niederlegung dieser Regeln. Nach der Fertigstellung 1989 wurde die Kinderrechtskonvention von der UN-Generalversammlung angenommen und am 2. September 1990 trat sie schließlich in Kraft. Sie bildet die Grundlage aller Aktivitäten des Deutschen Kinderschutzbundes sowie des Deutschen Kinderhilfswerks und auch unicef betont immer wieder ihre Wichtigkeit.   

Das vollständige Regelwerk der Kinderrechtskonvention finden Sie auf der Webseite der unicef zum Lesen und Herunterladen.  

Kinderrechte noch nicht im Grundgesetz

Seit Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention steht deren Aufnahme ins Grundgesetz noch immer aus. Für Kinder und Jugendliche hätte sie klare Vorteile, zumal das Regelwerk die Sichtbarkeit von Kinderrechten in wichtigen Bereichen wie der Justiz und der Verwaltung steigern würde. Alles in allem würde die gesetzliche Verankerung eine klare Steigerung der Lebensqualität von Kindern bedeuten.

Spiel als Recht von Kindern

Jedes Kind hat das Recht auf Bildung und Freizeit, lautet es im Artikel 31 der UN-Kinderrechtskonvention. „Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf Ruhe und Freizeit an, auf Spiel und altersgemäße aktive Erholung sowie auf freie Teilnahme am kulturellen und künstlerischen Leben.“ Kinder benötigen das Spiel, um sowohl motorische und kognitive als auch soziale Fähigkeiten zu lernen und zu trainieren. Dementsprechend sollten die Voraussetzungen erfüllt sein, die Kindern unbeschwertes Spielen und damit eine ungehinderte Entwicklung ermöglichen. Eine kinderfreundliche Stadt, bzw. eine Stadt, in der Kinder sich gefahrlos bewegen können, ist eine klare Voraussetzung dafür.

In unserem Blogbeitrag „Spielentwicklung in der frühen Kindheit: Welche Arten des Spiels gibt es?“ erfahren Sie, wie wichtig Spiel für die Entwicklung von Kindern tatsächlich ist.

Kinderfreundliche Stadt – Stadtplanung mit Rücksicht auf Kinder

Das Deutsche Kinderhilfswerk ruft immer wieder dazu auf, die Bedürfnisse von Kindern bei der Stadtplanung mehr in den Fokus zu rücken. Obendrein appelliert es an Entscheider von Städten und Gemeinden, sich für eine kinderfreundliche Stadt stark zu machen. Die Forderungen des Deutschen Kinderhilfswerks beinhalten unter anderem folgende Punkte:

Eine Stadt für alle

Kinder sind Teil unserer Gesellschaft und dennoch können sie nicht allein über ihren Platz darin entscheiden. Umso wichtiger ist es, dass Erwachsene Verantwortung für die jüngere Generation übernehmen und die Stadt auch in ihrem Sinne gestalten – oder Kinder direkt in den Gestaltungsprozess integrieren. Deshalb schreibt das Baugesetzbuch seit einer Neuerung im Jahr 2015 vor, dass Kinder und Jugendliche an Planung, Bau und Erneuerung der Stadt beteiligt werden sollen. In § 171e (5) BauGB heißt es: „Bei der Erstellung des Entwicklungskonzeptes und bei seiner Umsetzung sollen die Beteiligten in geeigneter Form einbezogen und zur Mitwirkung angeregt werden. Die Gemeinde soll die Beteiligten im Rahmen des Möglichen fortlaufend beraten und unterstützen.“ Eine kinderfreundliche Stadt ist deshalb auf jeden Fall eine Stadt mit sozial gerechter Wohnraumversorgung und durchdachten Spielflächenkonzepten.

Spielflächenkonzept

Spiel und Bewegung im Freien setzen immer abgegrenzte Bereiche voraus, in denen Kinder sich sicher aufhalten können. Dazu zählen sowohl klassische Spielplätze als auch Freiflächen zum Herumtoben sowie Wegverbindungen, die gewährleisten, dass Kinder wohlauf zu den Spielflächen und wieder nach Hause gelangen. Bei der Erstellung von Spielflächenkonzepten lohnt es sich immer, Kinder und Jugendliche nach ihren Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und sie so an der Spielleitplanung teilhaben zu lassen. Die Länder sind dazu verpflichtet, Kommunen finanziell bei der Spielflächengestaltung zu unterstützen. Diese Gemeinden sollten jedoch von sich aus die Bevorratung von Freiflächen für Spielzwecke gewährleisten.

Wohnortnahe Spielplätze

Spielanlagen sind nicht nur wichtiger Bestandteil einer kinderfreundlichen Stadt, sondern auch ein attraktives Argument für angehende Eltern und junge Familien, um in eine Wohngegend zu ziehen. 

In unserem Blogbeitrag „Wohnanreize für Familien schaffen – öffentliche Spielanlagen als Teil des Stadtmarketings“ erfahren Sie mehr darüber. Spielplätze in Wohnortnähe ermöglichen es Kindern, in Ruf- und Sichtweite ihrer Sorgeberechtigten zu spielen. Das erleichtert es Eltern, die Aufsichtspflicht einzuhalten, während ihre Sprösslinge häufiger spontan draußen spielen können. 

Sind die Voraussetzungen für einen hauseigenen Spielplatz nicht erfüllt, sollte ein nahegelegener öffentlicher Spielplatz zur Verfügung stehen. Familien mit privaten Grundstücken und Gärten dient dieser als gemeinschaftlicher Treffpunkt und Grundlage für sozialen Austausch.

Kinderfreundliche Stadt – Ein Mädchen mit Schulranzen rennt lachend einen Weg entlang.

Kinderfreundliche Stadt – Auf Kinder abgestimmte Verkehrsplanung

Eine Stadt ist vor allem dann kinderfreundlich, wenn die Kleinen sich gefahrlos in ihr bewegen können. Dazu zählt nicht nur das Spielen und Toben auf dafür vorgesehenen Flächen, sondern auch der alltägliche Weg zu Schule, Freunden und Freizeiteinrichtungen. Da die Kleinen eine deutlich längere Reaktionszeit besitzen als Erwachsene und sich noch nicht ausgeprägt orientieren können, sind Verkehrsunfälle die häufigste Todesursache im Kindesalter. Eine kinderfreundliche Verkehrsplanung hilft, Gefahren zu reduzieren und gleichzeitig die Mobilität von Kindern zu erhöhen.

Temporäre Spielstraßen und Tempo-30-Zonen

Gibt es im Wohngebiet eine Straße, in der Familien mit kleinen Kindern leben? Dann lohnt es sich, dort eine temporäre Spielstraße einzurichten. Laut § 45 StVO ist das Kinderspiel ein guter Grund für Kommunen, Verkehrsbeschränkungen festzulegen. Mit Tempo-30-Zonen und Spielstraßen ist den jüngsten Anwohnern deutlich mehr Sicherheit geboten, wenn sie im Freien spielen. Umgekehrt sind Autofahrer in verkehrsberuhigten und entsprechend gekennzeichneten Zonen auf Kinder vorbereitet. Es profitieren also beide Seiten von der Vorsichtsmaßnahme.

Sichere Schulwege

Eine kinderfreundliche Stadt gewährleistet, dass die Kleinen sicher zur Schule gelangen. Unmittelbar vor Schulgebäuden stellen an- und abfahrende Autos jedoch oft ein Problem für Schüler dar. Fehlt die Übersicht oder ist die Eile zu groß, besteht das Risiko, dass ein Kind zwischen den Autos zu spät gesehen wird. Das Deutsche Kinderhilfswerk rät deshalb: „Im Umfeld von Schulen, Kindergärten und Kindertagesstätten sollte ein generelles Halte- und Parkverbot erlassen werden, damit Kinder zu Fuß und mit dem Fahrrad sicher ankommen.“ Schulstraßen können auch mit einem generellen Durchfahrverbot versehen werden, um Kindern den Zugang zur Schule zu erleichtern.

Manche Schulen bieten spezielle Haltestellen für Eltern, die ihre Kinder zum Unterricht fahren. Grundsätzlich sollte man vom Prinzip „Elterntaxi“ lieber absehen, denn der Schulweg bietet Kindern eine tolle Möglichkeit, mehr Bewegung in ihren Alltag zu integrieren. Das Deutsche Kinderhilfswerk gibt „Tipps, wie Kinder sicher zu Fuß zur Schule und zum Kindergarten kommen“.

Allgemeine Wegenetze für Kinder

Ob zu Fuß oder mit dem Fahrrad – damit Kinder in der Stadt sicher von A nach B gelangen, sind Wegenetze notwendig, welche die Bedürfnisse der Jüngsten decken. Das bedeutet sowohl gut verbundene Spiel- und Aufenthaltsräume wie Spielplätze, Kindergärten und Schulen, als auch durchgängige Fuß- und Radwege. Sichere Übergänge erleichtern Kindern die Straßenüberquerung und markante Anhaltspunkte auf der Strecke – das können Schilder, Bänke oder Dekorationselemente sein – dienen den Kleinen zur Orientierung. Auch eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr kann zur Mobilität und Selbstständigkeit von Kindern beitragen.

Eine kinderfreundliche Stadt dient nicht nur dem Schutz der Kinder, sondern steigert auch ihre Entwicklungschancen! So wirken sich die Mobilität, die damit verbundene Selbstständigkeit, aber auch die körperliche Aktivität, die dadurch gefördert wird, positiv auf die Kleinen aus. Das allein sollte Städte und Gemeinden dazu motivieren, die Stadt im Sinne der jüngsten Generation zu gestalten.

Zum Weiterlesen:

Nicht nur Kinder profitieren von einer Stadtplanung, die auf Bewegung ausgerichtet ist. Eine Stadt, die Möglichkeiten für Sport und Freizeitaktivitäten bietet, ist für alle Generationen ein Gewinn. Unser Blogbeitrag „Nachhaltige Stadtplanung – Stadträume zum Spielen, Bewegen und Begegnen“ beschäftigt sich näher mit diesem Thema. Klicken Sie gerne mal rein!

Bild 1: Nils Hasenau / Essentials Kollektion / istockphoto.com
Bild 2: Hakase_ / Essentials Kollektion / istockphoto.com

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