Spielentwicklung in der frühen Kindheit: Welche Arten des Spiels gibt es?

14. Juni 2020

Die Spielentwicklung ist bereits in frühester Kindheit von großer Wichtigkeit. Denn Spielen ist eben nicht „bloß Spielen“, wie es so häufig abgewertet wird. Spielen bedeutet Erkunden, Austesten und Üben – kurz: Spielen bedeutet Lernen. Deshalb erklärte die Vollversammlung der Vereinten Nationen am 20. November 1989 das Spielen als Grundrecht von Kindern. Mit dem Einzug der Kinderrechtskonvention erhielt das Spielen eine neue Bedeutung: die der natürlichen, selbstmotivierten Förderung des Kindes. Inzwischen ist erwiesen, dass sämtliche Arten des kindlichen Spiels Eigenschaften besitzen, die einen entscheidenden Teil zur Entwicklung von Kindern beitragen. In diesem Blogbeitrag geben wir einen Überblick über die Spielentwicklung in der frühen Kindheit, sowie eine Zusammenfassung der unterschiedlichen Arten des Spiels.

Inhaltsverzeichnis

Der frühkindliche Lernprozess

Im Alter von 0-24 Monaten lernt ein Kind seine Umwelt zu begreifen. Dies geschieht, indem es die Objekte in seiner Umgebung wahrnimmt, Informationen daraus gewinnt und sie stetig mit weiteren Informationen abgleicht. Während der Beobachtung seiner heranwachsenden Kinder stellte Jean Piaget diese Wechselbeziehung zwischen Kind und Umwelt fest. Anhand ihres Verhaltens teilte er den Lernprozess in vier Abstufungen ein.

  1. Direkte Adaption: Die erste Stufe umfasst die sensorisch, sinnliche Erfassung von Objekten in der Umwelt des Kindes durch Anschauen, Abtasten und Ablecken besagter Objekte.
  1. Assimilation (=Angleichung): In der zweiten Stufe passt das Kleinkind das erlangte Wissen und Können den bereits erlernten Konzepten an. Beispiel: Ein quadratischer Bauklotz hat glatte Flächen. Er bleibt auf dem Boden liegen. Man kann zwei quadratische Bauklötze übereinanderstapeln.
  1. Akkommodation (=Anpassung): Die dritte Stufe geschieht, wenn die alten Konzepte das neu Gelernte nicht mehr erklären können. Dann muss das Kind sich verändern – es muss die Umwelt neu begreifen. Beispiel: Zu viele übereinandergestapelte Bauklötze kippen um.
  1. Sensomotorische Intelligenz: Stufe 4 beinhaltet die Kombination der vorigen Stufen. Also die sinnliche und motorische – kurz: sensomotorische – Wahrnehmung der Umwelt, zusammen mit dem Neuausloten von Konzepten. Die Intelligenz ergibt sich daraus, dass Assimilation und Akkommodation ständig neu ins Gleichgewicht gebracht werden.

Exploratives Spielen

Je mehr sich die motorischen Fähigkeiten eines Säuglings bzw. Kleinkindes ausbilden, desto mehr Möglichkeiten bieten sich ihm, seine Umwelt zu erkunden – vom Greifen übers Krabbeln bis hin zum aufrecht Gehen. Dabei spielen auch Tast- und Geschmackssinn eine große Rolle. Erkundet ein Kind seine Umgebung, so spricht man von Exploration – der Erforschung. Beim sogenannten explorativen Spiel ist das Kind darauf eingestellt, viele Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten, weshalb es angespannter ist als beim reinen Spielen. Deshalb wird zwischen „spannungsarmem Spiel“ und „spannungsreichem Spiel“ unterschieden. Von außen ist es jedoch häufig schwer, festzustellen, ob das Kind die Eigenschaften eines Objektes testet oder ob es mit dem Objekt spielt.

Spielentwicklung – Kinder lernen, indem sie spielen.

Arten des Spiels

Mit der sich ausbildenden Motorik und dem wachsenden Wissensstand, schreitet auch die Spielentwicklung voran. Neu gewonnene Fähigkeiten des Kindes erlauben neue Arten des Spiels, die wiederum als Training dienen. Beispielsweise zum Üben von Sozialkompetenz oder zur Verbesserung der Grob- und Feinmotorik. Dabei werden einzelne Spielarten im Laufe der Entwicklung vollständig abgelegt (z.B. Objektspiel), während andere sich fortwährend erweitern und ausprägen (z.B. Phantasiespiel und Regelspiel). Grundsätzlich unterscheidet man in der Spielentwicklung zwischen vier Arten des Spiels:

  • Objektspiel (auch Funktionsspiel, Lern- und sensomotorisches Spiel): ab 0,5 Jahren; dabei dienen sowohl der eigene Körper als auch externe Objekte als Spielzeug. Die unterschiedlichen Sinne werden intensiv erforscht und die Umgebung erkundet.
  • Phantasiespiel bzw. Rollenspiel: ab ca. 1,5 Jahren; da Kindern innere Bilder inzwischen länger im Gedächtnis bleiben, kann die Fantasie genutzt werden, um sich z.B. nicht vorhandene Objekte vorzustellen oder sich in bestimmte Rollen zu denken.
  • Konstruktionsspiel (auch Bauspiel genannt): ab ca. 1,5-2 Jahren; Mischform aus Objekt- und Phantasiespiel. Die Herstellung eines Produkts (= Konstruktion) nach persönlicher Vorstellung schafft Bewusstsein für die eigene Wirkungskraft. Das Konstruktionsspiel ist die Frühform des späteren Werkzeuggebrauchs.
  • Regelspiel (auch Sieger- oder Sportspiel): ab ca. 3 Jahren; mehrere Spielteilnehmer wetteifern um etwas. Dabei sind Kommunikation und Sozialverhalten ebenso wichtig wie Regelverständnis. Da es sich beim Regelspiel oft um sportliche Tätigkeiten handelt, ist auch die Motorik des Kindes von Bedeutung.

Die Spielentwicklung fördern

Für eine reibungslose Spielentwicklung ist eine gute Spielatmosphäre ebenso notwendig wie geeignete Spielmöglichkeiten, z.B. passendes Spielzeug, damit altersgerechte Spielformen stattfinden können. Eltern und pädagogisches Fachpersonal können die Spielentwicklung aber auch zusätzlich fördern, indem sie folgendes beachten:

  • Aufmerksamkeit teilen: Vermitteln Sie Ihrem Kind, dass Sie es im Spielumfeld ernst nehmen, indem Sie mit Worten und Gesten kommunizieren. Beziehen Sie dabei Spielzeuge und Gegenstände mit ein.
  • Geschlechtsneutrales Spielen ermöglichen: Lassen Sie Jungen ruhig mit Puppen spielen und Mädchen mit Baumaterialien. Offenheit und Toleranz gegenüber einer Vielfalt von Spielzeugen ermöglicht Ihrem Kind einen weiten Lernhorizont.
  • Sprechen beim Spielen: Begleiten Sie die Spielhandlungen mit Kommentaren. Am besten in gewohntem Erwachsenen-Wortschatz. Das fördert die Sprachfertigkeit Ihres Kindes.
  • Problemlösung in Situationen, die das Spielen erschweren: Ist ein Kind vom Spielzeug über- bzw. unterfordert, sollten Sie es besser austauschen. Gleiches gilt, sollte das Kind immer wieder dieselbe Spielform wählen, denn Monotonie hindert die Entwicklung. Spielen mehrere Kinder zusammen, ist darauf zu achten, dass kein Kind ausgegrenzt wird oder ein Kind alle anderen unterdrückt.

Die richtige Förderung des Kindes ist eine Herzensangelegenheit aller Eltern. Wie wichtig es dabei ist, dem Kind ausreichend Bewegung zu verschaffen, lesen Sie in unserem Blogbeitrag „Bildung durch Bewegung! Der Spielplatz fördert das Lernen.“

4 Kommentare zu "Spielentwicklung in der frühen Kindheit: Welche Arten des Spiels gibt es?"

  • Jessica Leinauer
    19. März 2021 / 7:03

    Ich würde gerne wissen wollen wer den Text also welcher Autor den Text verfasst hat

    • eibe
      24. März 2021 / 12:15

      Hallo Frau Leinauer,

      der Text stammt, genau wie die anderen Blogbeiträge, von dem für eibe zuständigen Redaktionsteam.

      Beste Grüße
      Ihr eibe Team

  • Jessica Leinauer
    13. April 2021 / 18:43

    vielen dank. ich bräuchte für meine Facharbeit einen Autor und das Jahr wo der Text erschienen ist.

    mit freundlichen Grüßen Jessica Leinauer

    • eibe
      15. April 2021 / 13:50

      Hallo Frau Leinauer,

      der Blogbeitrag bezieht sich auf „Die Psychologie des Kindes“ von Jean Piaget und Bärbel Inhelder aus dem Jahr 1972.
      Viel Erfolg bei Ihrer Facharbeit!

      Herzliche Grüße
      Ihr eibe Team

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